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Aphorismen

Eine Polemik


von Arno Kaiser

„Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“
Wie der „kritische Rationalismus“ in der Pöbelei sein Wesen offenbart

Gespenstergeschichten sind eigentlich etwas für Kinder. Doch es gibt auch theoretische Gespenster, deren Geschichten zur aufklärerischen Unterhaltung für denkende Erwachsene dienen können. Und wo tummeln sich solche Gespenster? – natürlich im Internet, das vom niederen und höheren Blödsinn bis zu wissenschaftlichen Texten alles frisst, was die Fantasie ausspuckt.
Da wird ein Autor der „Erinnyen“ auf eine Seite aufmerksam gemacht und nach deren Dignität gefragt. Die Website gibt sich als „kritischen Rationalismus“ aus, den er in seinen Büchern widerlegt – Verzeihung, gegen den er vorhandene Argumente von Stegmüller, Bulthaup, Adorno und Habermas (siehe „Positivismusstreit“) in einem Kommentarbutton vorgebracht hat.
Hätte er es doch nicht gewagt! Mit seiner Kritik hat er in ein Gespensternest gestochen, Untote, die aus ihren akademischen Löchern hervorkrochen und über ihn herfielen.
Da gab es einmal eine philosophische Richtung, die sich „Empirismus“ oder „Positivismus“ nannte und heute noch herrschende Lehre ist, obwohl sie an dem Problem der Verifizierung wissenschaftlicher Thesen scheiterte. Das wollte ein schlauer Denker nicht akzeptieren und entwickelte deshalb seine Falsifikationstheorie. Man könne zwar keine wissenschaftliche Auffassung verifizieren, deshalb müsse solange eine Hypothese als wahr gelten, bis sie falsifiziert sei. Da der schlaue Denker vor dem deutschen Faschismus fliehen musste, hatte er auch eine außerwissenschaftliche Reputation. Diese nutzte er, um seine Auffassung von der „Offenen Gesellschaft und ihren Feinden“ zu verkünden. Er schrieb: „Lasst Theorien sterben, nicht Menschen.“  Zu seinen Idealen gehörten „Freiheit, Autonomie, Toleranz und Liberalismus und vor allem Vernunft“, wenn auch letztere verkürzt war und die anderen schönen Worte nicht im Zusammenhang mit dem Bestehenden analysiert wurden.
So schlau war der schlaue Denker aber nun auch nicht. Denn auf der Basis des Empirismus hätte die Falsifikation einer wahren Behauptung oder Theorie erfordert, das ganze Weltall nach einer Widerlegung zu durchmustern – das kann aber niemand leisten. Deshalb ist das Wahrheitsproblem im „kritischen Rationalismus“, wie der schlaue Denker seine Philosophie nannte, nicht gelöst. Der schlaue Denker musste deshalb zugestehen, dass alle Thesen nur Hypothesen seien. Seine Selbstkritik reichte aber nicht so weit, die Hypothesen-These auf den „kritischen Rationalismus“ selbst anzuwenden. Deshalb verfällt seine Theorie dem üblichen Einwand gegen den Skeptizismus, dass er alles bezweifelt, nur nicht seine These selbst, es gäbe keine Wahrheit, sondern nur Hypothesen. Ganz abgesehen von der ungeheuren Diskrepanz zwischen der tatsächlichen (empirischen verifizierbaren) Wahrheit vieler Theorien, mit deren Hilfe die Erde umgestaltet wurde auf der einen Seite und auf der anderen Seite dem Selbstbewusstsein des Empirismus und des „kritischen Rationalismus“, es gäbe keine Wahrheit, alles wäre nur Hypothese. Wenn kritisch heißt, zwischen wahr und falsch unterscheiden zu können, und wenn rational heißt, verstandes- und vernunftbezogen zu sein, dann war der „kritische Rationalismus“ weder kritisch noch rational, sondern – ein philosophisches Gespenst. Er ist heute Dogmatismus unter der Losung des Anti-Dogmatismus. Überhaupt argumentieren sie mit einer „Logik“, die sich Logistik nennt und eine gegenüber der traditionellen verkürzte Logik ist, sie kann z. B. keine Wesensbegriffe denken.
Trotz dieser schon frühen Kritik hat der schlaue Denker mit seiner Falsifikationiererei, die zum Gespenst geworden ist, Schule gemacht und neue Gespenster erzeugt. Eines dieser Gespenster hat ein „Münchhausentrilemma“ erfunden, das aber nicht universell gilt und ebenfalls schnell widerlegt wurde. Er hat sozusagen in der Gespensterscheiße gestochert und diese differenziert und verfeinert (man stelle sich die Geruchsnuancierungen vor!). Wenn nun diese zweite Generation von Gespenstern wieder Kinder zeugt, dann kommen anscheinend immer luftigere Gespenster heraus, es entsteht eine ganze Genealogie von Gespenstern, auch wenn sie immer niveauloser werden. Dass diese Gespenster immer noch herumgeistern, zeigt, der Wissenschaftsbetrieb hat längst nichts mehr mit Argumenten zu tun.
Da sie keine Wahrheit haben, können sie auch lustig auf ihre Gegner loshauen. Argumente brauchen sie nicht zu widerlegen, also machen sie das, was alle geistig Tote machen, sie verunglimpfen die Person des Gegners.
Kritik wird als „starker Tobak“ abgewertet, aus dem Gegner spreche „die gekränkte Seele“. Wenn er auf die Brutalitäten des Wirtschaftssystems aufmerksam macht, das sie verherrlichen, dann drücke er auf die „Tränendrüse“. Wenn er sich auf die Logik beruft, dann wird ihm unterstellt, er habe eine Privatlogik entwickelt, eine „Alternativ-Logik“. Man spricht ihm „die Fähigkeit, eine logisch korrekte Schlussfolgerung zu ziehen“, ab, seine Argumente werden als „Metaphysik“ beschimpft, nach der angeblich nichts begründet werden könne, da sie irrational sei. Der Kritiker müsste eigentlich zum „Psychiater“. Beschwert sich dann der derart verunglimpfte (übrigens ist die Methode der moralischen Zersetzung des Gegners ein beliebtes Mittel der Stasi in der DDR gewesen, ein „Totalitarismus“, den diese Leute angeblich bekämpfen),  beschwert er sich, dann wird sein Beitrag nicht mehr unter den Zuschriften veröffentlicht – soweit zur Toleranz und Offenheit dieser feinen Gesellschaft. Seine Freiheit zu reagieren, wird verhindert, es soll seine Autonomie und Vernunft zerstört oder doch beim unbedarften Leser dieser Eindruck hinterlassen werden. Sie wollen ein Anwalt der wissenschaftlichen Freiheit sein – und praktizieren das Gegenteil. Leute, die auch bei Hegel und Adorno etwas gelernt haben, würden sich letztlich als Terroristen entpuppen.
Diese Gespenster sind unfähig zum Dialog, stattdessen zelebrieren sie eine inhaltslose Rhetorik. Ihre Tricks sind aus schlechten Rhetorik-Lehrbüchern übernommen. Man behauptet etwas – entgegen dem Text -, sodass sich der Angegriffene wehren muss und so in die Defensive gerät. Das lenkt von der vorgebrachten Kritik ab und macht die Diskussion konfus, die Kritik ist paralysiert. Es gibt aber auch eine andere Deutung ihrer Rhetorik: Es handelt sich bei diesen Leuten um literarische Analphabeten, deren geistige Blockaden das Verständnis der kritischen Argumente verhindert.
Man schreit „positive Wissenschaft“ und merkt gar nicht, dass „positiv“ ein Reflexionsbegriff ist, immer nur zusammen mit „negativ“ gedacht werden kann. Ihren Positivismus kann man deshalb getrost auch Negativismus nennen. Wie einst Charly Chaplin schneiden sie alles, was nicht in ihren theoretischen Koffer hineingeht, als ihr Negatives ab. Sie geben sich als Antimetaphysiker, wobei ihnen Metaphysik bloß Hokuspokus ist, und merken gar nicht, dass ihr „Rationalismus“ auch eine metaphysische Position ist (d. h. etwas Nicht-Empirisches) - wenn auch ohne Selbsterkenntnis, ohne Reflexionswissen, ohne Selbstbewusstsein. Solche Kritik aber ist eine Überlegung, die vom Unwesen der Spekulation zeugen würde, die für sie bloß eine abschreckende Gestalt des Denkens ist.
Das große Schlagwort dieser Gespenster heißt „Empirie“. Der Terminus wird zum Kampfbegriff gegen alle anderen philosophischen Richtungen und gegen eine Politik, die sich nicht aus der Empirie ableiten lässt. Alles wäre empirisch, wer Alternativen im Kopf hat, will Totalitarismus, ist letztlich ein Terrorist. So ist der Empirismus bzw. Positivismus immer schon die Ideologie des Bestehenden.
Dabei merken sie gar nicht, dass dieser Begriff „Empirie“ nur der allgemeine Ausdruck ist für das, was nicht allgemein ist, was aus der Wahrnehmung kommt. Ohne Allgemeinbegriffe geht es aber nicht, ohne diese könnte man sich die Welt nicht erklären oder „neutral“ analysieren, wie sie sagen. Wären sie wirklich konsequente Empiristen, dann könnten sie gar nicht denken, sondern immer nur auf etwas zeigen: Dies da, dies da, dies da …
Sie pochen auf Wissenschaftlichkeit, aber meinen Glauben, sie reduzieren das Denken und verlangen, einen Platz in der vorherrschenden Glaubenswillkür zu besetzen. Damit das niemand merkt, geben sie sich antireligiös.
Sie reden nicht mehr von den „Tiefen des Gemüts“ wie die philosophische Mischpoke nach Hegels Tod im 19. Jahrhundert, sondern wollen explizit an der Oberfläche bleiben. Was Schwäne sind, sieht doch jeder: Sie sind weiße Vögel - bis diese Hypothese falsifiziert wird, wenn einer z. B. in Australien schwarze Schwäne sieht oder in Göttingen bei Natriumdampf-Lampen gelbe Schwäne gesehen haben will. So geht Falsifikation. Nur haben sie bei ihrer Falsifikationiererei nicht bemerkt, dass die Farbe des Gefieders gar nichts über das Wesen der Schwäne aussagt, ähnlich wie die gelbe, weiße, braune oder schwarze Hautfarbe etwas über das Wesen des Menschen beinhaltet. Denn sie können den Begriff des Wesens gar nicht denken, das wäre Metaphysik, dann müssten sie an Hokuspokus glauben. Und damit niemand diesen Blödsinn erkennt, wird behauptet, wir leben in einer Welt zufälliger Eigenschaften, die auf nichts Identisches, Substanzielles mehr bezogen sind. Wir leben in einer Holodri-Wirklichkeit, in der es schleierhaft bleibt, warum die erkannten Naturgesetze es gestatten, diese Wirklichkeit zu verändern.
Die vielen philosophische Richtungen, die es gibt, machen einen bloß konfus, denken sie, also hängt man sich gleich an einen ordentlichen Professor, auf dem man seine Karriere als Gespenst gründet, und alle anderen philosophischen Systeme und Positionen sind dann  - Feinde.
Hängt man sich bei seinem Philosophie-Studium sklavisch an einen Professor und dessen Position, dann liegt es in der Natur der Sache, dass die Parteinahme für diese Richtung nicht das Ergebnis eines reflektierten Studiums ist, sondern umgekehrt, der Erfolg des Studiums hat sich dem Parteianschluss zu verdanken. Das, was in der nicht-offenen Gesellschaft der DDR von allen, Karriere entscheidend, gefordert wurde, wird hier bei einem Ordinarius im Kleinen praktiziert. Seine Thesen sind heilig, sakrosankt, tabu, an ihnen darf nichts falsifiziert werden, soll nicht die Gedankenpolizei der Adepten aus der Gespensterhölle auf die Internetplattformen losgelassen werden.
Sie sind blinde Fanatiker einer herrschenden Ideologie. Wer nicht so denkt wie sie, ist schlichtweg Gesindel, das ihre wissenschaftliche Reputation gefährdet, ihrer Karriere schadet. Tatsächlich ist inzwischen der „kritische Rationalismus“ nichts als ein Rückfall in die Dummheit, d. h. in den Mangel an Urteilskraft.
Die Gespenster des „kritischen Rationalismus“ bilden sich ein, die gegenwärtige Gesellschaft werde von Ideen bestimmt. Deshalb ist ihr Feindbild gegen Anhänger konkurrierender Ideen so krass ausgeprägt. Dabei spüren sie sehr wohl, wie die unbeherrschten Mechanismen der Kapitalproduktion ihre falsche Philosophie zur Ideologie umfunktionieren, um diese Mechanismen zu verschleiern. Doch für sie ist ein solch entfremdeter Mechanismus nicht empirisch zu konstatieren, er taucht in keiner Statistik auf, er ist sozusagen realmetaphysisch, also für diese Gespenster ein Nichts. Dabei merken sie nicht, dass sich der Verschleiß solcher Ideologien, die Wandlung der philosophischen Moden derart beschleunigt hat, sodass sie inzwischen toter als tot sind.  
Statt in einem Akt der philosophischen Resignation ihre falsche Philosophie, ihre verflachte Scheinbildung und ihre philosophische Blasiertheit zu verlassen, wenden sie ihre theoretische Schwäche in rhetorische Aggression und Verleumdung um.
Da sie von den schnelllebigen Moden auch in der Philosophie längst überrollt worden sind, treten sie auch nur als Gespenster der vergangenen Epoche des Kalten Krieges auf. Und wie es sich für Gespenster gehört, verstehen sie die neuen philosophischen Moden nicht mehr, können sich aber auch nicht an die alten Traditionen von Thales bis Hegel halten, denn die haben sie nie verstehen wollen, sondern als veraltet denunziert, eine Tradition, die für sie per se irrational ist. Alles, was vor dem Empirismus war, verfällt dem Verdikt: „Das Elend des Historismus“. Der Hinweis auf apagogische Begründung von Prinzipien wird nicht verstanden oder als Schwachsinn mittels ihrer verkürzten Logik abgetan. Also halten sich die Gespenster an das, was sie immer schon waren, Distributionsagenten einer toten, weil falschen Philosophie.
Zum kritischen Rationalismus hält heute - außer den akademischen Gespenstern - nur noch eisern ein in Talkshows Zigaretten rauchender Alt-Kanzler; gnädig gesteht man ihm diese Leichenfledderei zu, man kann das dann gleich noch mal verramschen – im Kabarett. Wegen dieser Belanglosigkeit versuchen die Adepten von Popper und Albert durch Skandale, Verunglimpfung Andersdenkender und billige Rhetorik auf sich aufmerksam zu machen wie kleine Theoriepinscher, die ihre Mittelmäßigkeit ins Publikum befördern wollen. Doch was herauskommt, ist nur ein Gespenstertanz. 
Wenn das Philosophie ist, dann muss man mit Nietzsche rufen: Was fällt, das soll man noch stoßen. Popper hat einmal gesagt, lasst Theorien sterben, nicht Menschen. Nun ist der „kritische Rationalismus“ tot, aber er will nicht sterben, sondern seine Gespenster klammern sich an ihre widerlegten banalen Meinungen wie ein kleines Kind, das in Not sein Puppen-Monster krampfhaft festhält.

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Letzte Aktualisierung:  09.10.2014

                                                                       
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